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Skandinavischer Stricksamstag #25

Oder: Midsommar in Berlin und kleine Handschuhe
Immer am ersten Freitag nach der Sommersonnenwende feiert Skandinavien den längsten Tag des Jahres – Midsommar. Dank Ikea Werbung wissen wohl fast alle Deutschen, dass dieses Fest stattfindet. Aber mitgefeiert wird hierzulande selten.
Mich hat es dieses Jahr zum Fest nach Berlin gezogen, auf dem Urban Spree Gelände war Mini-Skandinavien für eine Nacht ausgerufen. Schon am Nachmittag ging es los, vermutlich um auch den kleinsten Exil-Skandinaviern eine Gelegenheit zu geben mitzufeiern.

Und die Organisatoren hatten sich wirklich Mühe gegeben – ein Midsommar Baum, eine Sauna, typische Spiele und Speisen, alles war vor Ort. Und offenbar hatte es auch tonnenweise Blumen gegeben, aus denen man sich einen Kranz für die Haare flechten konnte. Als ich ankam waren schon hunderte an wunderschönen Kränzen unterwegs, und leider nur noch sehr wenig Material übrig. Schade. Denn der Tradition zufolge sollen sich unverheiratete Mädchen den Kranz nachts unter ihr Kopfkissen legen um im Traum den ihnen bestimmten Mann zu sehen. Naja, vielleicht nächstes Jahr. Und bis dahin muss ich wohl einfach auf mein Bauchgefühl vertrauen?!

Leider bedeutet Midsommar aber auch immer, dass von nun an die Tage schon wieder kürzer werden, und dass es nur noch ein halbes Jahr bis Weihnachten ist (bei tropischen Temperaturen ein absurder Gedanke)

Jedenfalls brauchen wir auch schon wieder in fünf Monaten einen Adventskalender! Und weil meiner im letzten Jahr so viel Begeisterung hervorgerufen hat, und weil ich noch so viele Sockenwollreste habe, fange ich nächste Woche mit einem zweiten an. Denn so ein Adventskalender ist ein tolles Geschenk für Männer und andere Kindsköpfe 😉

Habt Ihr Lust mitzumachen?

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Skandinavischer Stricksamstag #23

In der Buchhandlung am Flughafen bin ich wieder mal darauf aufmerksam gemacht worden, Deutschland liebt Skandinavien. Aktuelles Beweismittel: Das neue Couch Stylebook mit dem Thema…wait for it… Skandinavien.

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Quelle: Couch-mag.de

Aufgrund vom Geldkartenklau hatte ich wirklich knappe Bargeldreserven dabei, aber diese 4,90€ habe ich noch zusammengekratzt. Und das Heft hat mir erfreulich die Zugfahrt verkürzt.

Mal ehrlich, das Thema nordisches Design ist eigentlich von allen Ecken restlos beleuchtet worden. Dementsprechend darf man jetzt keine Neuerfindung des Rads erwarten. Aber ich finde das Heft wirklich nett aufgemacht. Erstens sind die City Guides mal mit geradezu revolutionären Sparten wie “Beauty” versehen. Tatsächlich würde ich mich nicht mehr trauen auf einer Fremdsprache einen Friseurbesuch zu überstehen (schlechte Erfahrungen in Italien, mein blond verträgt nicht die gleiche Pflege wie das “blond” einer Italienerin). Aber eine der Adressen für Massagen könnten nach einer anstrengenden Citytour mal angepeilt werden.

Außerdem finde ich ganz toll dass auch Island als Teil von Skandinavien behandelt wird. Das wird ja meistens unter den Tisch fallen gelassen, so dass ich einen City Guide Reykjavik gefühlt noch nicht so oft  überflogen habe wie Stockholm oder Oslo. Tatsächlich war ich aber auch noch nie auf Island, möchte aber ganz dringend mal hin, und lasse mich daher von den Ratschlägen zu der mir fremden Stadt mit Reisevirus infizieren 😉

Mein letzter Oslo Aufenthalt ist dafür noch vergleichsweise frisch im Gedächtnis, so konnte ich die Tipps mit unserem Wochenende im Dezember abgleichen. Und siehe da: Die persönliche Hotelempfehlung der Redakteurin ist genau das Hotel in dem wir auch untergekommen sind, und das Comfort Hotel im Bahnhof (!) war wirklich fantastisch. Auch viele der Kulturtipps und Essensempfehlungen kann ich komplett unterschreiben. Und die Shopping Ratschläge sind auf jeden Fall mal was anderes, auch wenn ich sie natürlich noch um eine Garnrubrik erweitern würde.

Also wenn ich in nächster Zeit eine Städtereise in eine der nordischen Hauptstädte vorhabt, allgemein skandofil seid (als Leser dieser Rubrik), die 30000ste Beleuchtung des nordischen Stils euch immernoch fesselt, oder für euren nordischen Teint nach nordischen Beautyprodukten sucht, ich behaupte das Themenheft ist sein Geld wert.

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Skandinavischer Stricksamstag #22

Nackige Schafe in Island?

naturwolleVor zwei Wochen ging es hier schon mal um Island, und zwar um den klassischen Isländerpullover, und darum dass ich liebend gerne einen stricken würde.

Das passende Buch hatte ich euch auch direkt verlinkt.

Und dann erreicht mich diese Woche folgende Nachricht: Island hat Wollknappheit!!!!!

Und zwar ist in diesem Jahr ein bis zu 15% Anstieg im Garnabsatz festzustellen, und obwohl man schon zusätzliches Personal eingestellt hat, es wird dieses Jahr eng(ere Pullover geben müssen). Wart ihr das? Hamstert ihr? Und was ist mit mir?

Mich überrascht die Nachricht etwas, denn eigentlich hört man von allen Seiten dass Rohwolle verbrannt wird oder im Garten zur Rehabwehr genutzt wird. Verarbeitet wird nur das wenigste, denn es herrscht eigentlich ein absolutes Überangebot an Rohwolle von “normalen” Schafen. Nur Merinowolle aus warmen Gegenden ist etwas begehrter. Angeblich sind wir Stricker “im Schuld”, weil wir nur kuschelweichstes Flauschmerino haben wollen. Aber nun diese Nachricht aus Island.

In meinen Ohren ist das eine wunderbare Neuigkeit. Es gibt also doch einen Markt für weitestgehend natürliche Wolle von Mulesing-freien Schafen. Toll! Macht weiter so!

Und wenn ihr schon dabei seid, kauft doch im Sommerurlaub auch andere nachhaltig produzierte Garne von skandinavischen Schafen. Ein paar Vorschläge:

Ullcentrum Öland 

Die Frauen hinter dem Ullcentrum (Wollzentrum) von der Insel Öland fahren los und holen bei Schäfern Wolle ab, die sonst verbrannt würde. Daraus fertigen sie alles mögliche, Pantoffeln, Decken und und und, und sie lassen Garn spinnen. In tollen Farben. Und als einer der wenigen Hersteller lassen sie Garn in Z-Richtung spinnen, wodurch es sich zum Tvåändsstickning eignet. Es gibt auch extra für Lovikka-Handschuhe gedachte Wolle, hier kennt und schätzt man die traditionell schwedischen Techniken.

Lofoten Wool

Eine ganz kleine Spinnerei die nur Wolle aus den Lofoten und Nordnorwegen verwendet. Es gibt auch Garn aus der Wolle des “Spæl”-Schafs (Spælsau), eine einheimische Rasse deren Unterwolle besonders weich ist. Das längere Außenfell haben die Wikinger übrigens genutzt um daraus die Segel für ihre Schiffe zu machen. Als ich im Winter in Oslo war habe ich einen Strang Spælsau-Garn mitgebracht, allerdings bin ich noch nicht zum geplanten Paar Handschuhe gekommen.

Östergötlands Ullspinneri

Diese Spinnerei ist mir letztes Jahr beim Garn-Shopping in Schweden über den Weg (und in den Einkaufskorb) gelaufen. Mein Stash soll mal ein Tuch werden, es fehlt allerdings die Zeit 😉 Unternehmen dieser Art gibt es auch in Schweden nicht mehr viele, und das obwohl Wollverarbeitung vor gar nicht so langer Zeit noch in jedem Kaff vonstatten ging. In der Nähe von unserem Ferienhaus kann man diverse Spinnereien besichtigen, nur in Betrieb sind sie leider nicht mehr. Daher freut es mich um so mehr, dass diese Spinnerei sogar bis nach Japan bekannt und beliebt ist.

Spinnerigården

Wieder aus Norwegen, ein ganz traditionelles Familienunternehmen. Auch hier verarbeitet man Spælsauwolle, im Webshop kann man auch vieles aus der eigenen Fertigung kaufen. Leider kein Garn. Aber falls es euch in den Sommerferien zufällig in die Nähe von Kristiansand bringt, es gibt einen Garnverkauf im Hofladen.

Hillesvåg Ullvarefabrikk

Hätte ich doch nur schon gestrickt als ich noch in Bergen gewohnt habe! Hillesvåg ist nur 35km nördlich von Bergen, und auch dieses Familienunternehmen arbeitet mit heimischer Wolle. Die Wolle vom “Pelzschaf” (Pelssau), einer Mischung aus norwegischen und schwedischen Rassen, lockt mich besonders. Angeblich soll sie ähnlich glänzen wie Mohair.

 

Bei näherem Nachdenken sollte ich einen Vorwand für eine Norwegenreise finden 😉

Wie ist das bei euch, könnt ihr “echte” Wolle an der Haut haben? Kennt ihr noch Bezugsquellen für so richtige Wolle?

 

 

 

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Skandinavischer Stricksamstag #21

Diese Woche habe ich eine richtig gute Ausrede für die späte Stunde: ich bin in den USA, sieben Zeitzonen von euch weg.

Es gibt schlimmeres als durchtrainierten Männern beim Dehnen zuzusehen.
Es gibt schlimmeres als durchtrainierten Männern beim Dehnen zuzusehen. 

Fast den ganzen Tag sind wir draußen, denn ich bin hier um einen meiner besten Freunde und sein Team beim Bingham Cup zu unterstützen – das weltweit größte Amateur Rugby Turnier. Der Cup richtet sich an Rugby Teams aus der ganzen Welt, die ‘gay’ oder ‘gay-friendly’ sind – und das sind überraschend viele. Erwartet hatte ich irgendwie ein freundschaftliches Ballschubsen zwischen so ungefähr 60 Spielern, aber es sind weit über 1000, und geschubst wird eher rabiat. Bereits am ersten Wettkampftag gingen in regelmäßigen Abständen die ambulances von den Spielfeldern.

Es gibt auch ein (kleines) schwedisches Team, und natürlich sind wir schon verbrüdert und haben Bier in einem ‘Honkeytonk’ getrunken. Als echte Nordlichter leiden wir gemeinsam unter den tropischen Temperaturen, und bemitleiden uns gegenseitig für unsere ausgewachsenen Sonnenbrände.

Auf der Tribüne stricke ich trotz 31 Grad und gefühlter Luftfeuchtigkeit von 100% zufrieden vor mich hin. Im Moment sind ausschließlich Lamana Milano Projekte auf den Nadeln, das geht sogar bei diesen Temperaturen ganz gut runter 😉

Womit wir beim Thema sind: diesen Nashvilletrip mache ich nicht aus unendlicher Liebe zum (schwulen) Rugby, sondern um einen meiner besten (& strickenden) Freunde zu sehen und mit ihm die Strickszene der Stadt zu erkunden. Fringe Supply, Nutmeg, Craft South…und ein zeitlich passendes Fiber Festival in Dickson County.

Das Festival war sehr klein bis winzig. Ein dunkler Raum in dem ich leider nicht fotografieren konnte. Das Angebot richtete sich hauptsächlich an Spinner/innen, und es gab traumhafte Kammzüge und Rolags für relativ kleines Geld, außerdem rohe Fasern von örtlichen Schafen quasi hinterher geworfen. Auch Spinnräder und Spindeln gab es en Masse.

Richtig umwerfend war ein Stand mit Garn und Büchern. Da bin ich fast schwach geworden, denn Bücher über Doppelstrick, Tvåändsstickning, lettische Muster, Elisabeth Zimmerman’s gesammelte Werke…das ist doch wie ne Mäusefalle für Strickerinnen.

Zum Glück hat mein Gehirn sich schnell noch eingeschaltet. Besonders viel Freigepäck habe ich nicht mehr, Zoll ist immer so eine Sache, und ich habe einen etwas umständlichen Rückflug. Und zu meiner Schande muss ich gestehen: ich werde die Bücher einfach bei Amazon bestellen. Total doof für die Händlerin dort, denn üblicherweise bezahle ich gern ein paar Dollar mehr um die Vorauswahl zu belohnen, aber…

Wo wir beim Bücher bestellen sind, und weil das hier ja irgendwie mir verspätetem Samstag und Skandinavien zu tun hat, verrate ich euch jetzt mal bei welchen nordischen Online-Buchhändler mit teilweise enormer Auswahl an Strickbüchern ich am liebsten bestelle:

 

Bokkilden

Mein “Pusher”. Liefert nach Deutschland. Hat immer Sonderpreise. Bisher keine Probleme mit Zoll. Man muss ein Profil anlegen und die Kreditkarte hinterlegen, sonst kommt man nicht weiter, aber der Aufwand lohnt sich. Denn diese Bücher locken allein zum Thema Stricken!!! Bücher sind in Norwegen steuerfrei und die Krone ist im Moment auf absolutem Tiefstand – man kann sich also den Einkauf günstig reden.

Adlibris

Liefert leider nur in den Norden, aber vielleicht was für die Urlauber unter euch?…Die Auswahl ist phänomenal, hier die Handarbeitsbücher.

 

und etwas spezieller:

Bokfynd

Eine Preisvergleichseite für Bücher, ich nutze sie um auch ältere und obskure Bücher zu finden. Die interessante Rubrik sind die “Näh- und Handarbeitsbücher

Bokbörsen

Gebrauchte Bücher, eine meiner absoluten Leidenschaften! Hier muss man aber wirklich Zeit mitbringen, denn in der Rubrik Hobby und in der Rubrik Handwerk gibt es einiges zu finden – wenn man die Geduld dafür hat. Die Schweden sind einfach die ungeschlagenen Meister der systematischen Haushaltsauflösung. Da wird noch für jeden kleinen Schatz im Nachlass ein neues Zuhause gefunden. Tipp für die Urlauber: Es gibt im ganzen Land Auktionshöfe, da kann man für ganz kleines Geld richtig tolle Schnapper schießen.

 

So, das war mein kleines Lebenszeichen aus Nashville. Gleich geht das erste Final-Spiel los, und das lasse ich mir nicht entgehen.

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Skandinavischer Stricksamstag #20

Ponies, heiße Quellen, unaussprechliche Vulkane – und Strickmuster

Genau! Heute geht’s nach Island.
Gehört geografisch vielleicht nicht so richtig zu Skandinavien, kulturell aber auf jeden Fall. Und gestrickt wird auch. Also ideales Thema für den heutigen Samstag.

Vor ein paar Tagen gab es mal wieder die frohe Botschaft im Freundeskreis: Es gibt Nachwuchs. Und da die Eltern spekulieren, dass sie sich da ein “Mitbringsel” aus ihrem letzten Island Urlaub mitgebracht haben, suche ich für das Willkommensgeschenk nach isländischen Mustern.

Bereits letztes Jahr habe ich mir aus Norwegen das Buch “Islandsk Strikk” von Oddny Jónsdóttir bestellt. Es ist voll von traditionellen Isländer-Mustern, die im Gegensatz zu den Stricktraditionen der Nachbarländer relativ wenig Aufmerksamkeit bekommen. Also zumindest bei uns. Denn in den skandinavischen Blogs begegnen mir gerade die Muster aus diesem Buch immer wieder. Zum Beispiel den “Riddarí” Pullover habe ich schon bei Heidi gesehen, und Pia vom Kammebornia Blog hat ihn neulich für ihren Mann gestrickt.

Das Buch gibt es leider weder auf Deutsch, noch auf Englisch, aber einige der Muster sind bei Ravelry auf Englisch verfügbar. Andere sind auch im englischsprachigen Buch “Knitting with Icelandic Wool” enthalten, und das wiederum findet ihr hier bei Amazon*.

Leider ist keins der Muster wirklich direkt für meine Zwecke brauchbar. Kein Pulli in Größe Neugeborenes. Zur Geburt ein Outfit für den ersten Geburtstag zu schenken… schwierig. Außerdem kann man mit dem Island-Bezug bestimmt etwas langfristigeres schenken, oder? Die allererste Idee war eine Puppe à la Arne & Carlos mit Isländerpullover. Wobei so ein Kind ja eine ganze Zeit vor sich hat, bevor so eine Puppe Spaß macht.

Also noch ein bisschen bei Ravelry rumgestöbert. In der Mustersuche kann man nach Herkunftsland des Designers filtern, und siehe da: Es gibt eine ganze Menge Anleitungen von Isländern auf Ravelry. Heute waren es 885. Allerdings möchte ich etwas stricken und filtere daher alle Häkelmuster raus, außerdem möchte ich den Text verstehen und filtere daher nach Sprachen. Ein paar Filter später, und Ravelry zeigt mir 222 Strickmuster – gratis, als Ravelry Download oder sonst im Internet erhältlich und mit Bild. Find ich gut.

Und wisst ihr worauf ich stoße? Ein klassischer Islandpullover als Schlüsselanhänger! Das ist so ganz und gar unnütz, und eigentlich mag ich unnütze Sachen gar nicht stricken, aber in diesem Fall könnte es passieren, dass es demnächst zwei kleine Schlüsselanhänger geben wird. Das löst auch direkt das Dilemma: Isländer werden in rustikalem Garn gestrickt. Vielleicht werden sie dann besser am Schlüsselbund getragen als auf Babyhaut 🙂 Und nachträglich kann man immer noch die Puppe mit dem gleichen Pullover schenken – falls ich irgendwo noch ein paar freie Minuten finde…

Sollte sich spontan noch magisch ein Zeitfenster für einen Pulli für mich öffnen, dann stünde übrigens der Aftur hier ganz weit oben auf der Liste.

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Skandinavischer Stricksamstag #19

Da diese Woche ein großer Feiertag für mich (und meine Landsleute) ansteht, führt uns der Beitrag der Woche wieder nach Norwegen. Direkt im Anschluss an das lange Pfingstwochenende feiern wir nämlich auch noch den 17. Mai.

Ja vi elsker dette landet

Das heisst: Ja wir lieben dieses Land; die erste Zeile der Nationalhymne. Und eben dieses so geliebte Land feiert am 17. Mai seinen Geburtstag, den Nationalfeiertag.  An diesem Tag feiern wir das Grundgesetz, das von der norwegischen Nationalversammlung 1814 beschlossen wurde.

Eigentlich ist das irreführend, denn die Nationalversammlung hatte zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Befugnis irgendetwas zu beschließen. Ein Norwegen als Staat gab es nämlich nicht. 1814 wurde Norwegen ein Teil des Königreichs Schweden. Unfreiwillig, denn aufgrund einiger dummer Ereignisse in der Geschichte ist Norwegen immer wieder als Anhängsel von Schweden an Dänemark und wieder an Schweden rumgereicht worden. Die Wirren der Geschichte eben.

Man kann wirklich sagen, dass die meisten Norweger nicht von den Verbindungen mit den skandinavischen Nachbarn profitiert haben. Und wie das so ist, haben die Menschen besonderen Wert auf ihre eigene, norwegische Identität gelegt – vermutlich gerade eben weil es kein eigenes Norwegen gab.

Und auch nach inzwischen 111 Jahren Unabhängigkeit (1905 war es endlich so weit), wird die Freiheit und das Norwegischtum am Nationalfeiertag ganz besonders gefeiert. Eigentlich jede Stadt hat einen großen Festtagsumzug durch die Innenstadt, bei dem Unmengen an Fahnen geschwenkt werden. Übrigens feiern auch viele Norweger im Ausland in Botschaften, Kulturzentren und Konsulaten oder anderen skandinavischen Zentren.

Besonders auffallend ist, dass fast alle Norweger zur Feier des Tages ihre Trachten anziehen, das Bunad. Traditionell kann man an unterschiedlichen Farben, regionalen Besonderheiten und Details die Herkunft der Träger/innen erkennen, aber es gibt eine relativ einheitliche Grundform. Die deutschen Trachten sind ja eher nur sehr regional (z.B. Bayern, Schwarzwald) vertreten, und sind sehr unterschiedlich. Außerdem sieht man sie für meinen Geschmack selten außerhalb der Kulturvereine und Trachtengruppen.

In Norwegen ist das anders. Das Bunad kommt über’s Jahr für einige Festtage zum Einsatz. Bei Hochzeiten und Taufen tragen beispielsweise viele Gäste das Bunad zur Kirche. Es ist ein geliebter Teil der nationalen Identität. Ein vollständiges, richtiges Bunad mit all seinen Teilen ist unglaublich teuer. Meist bekommt man es zur Konfirmation, und im Laufe des Lebens wächst das gute Teil (dank eingenähter Stoffreserven in den Säumen und Nähten) mit. Häufig werden Teile des Bunads auch an die nächsten Generationen weitergegeben. So kann einem natürlich inzwischen auch ein dritte-Generation-Bergenser in einem Bunad mit Teilen aus Nordnorwegen begegnen. Wie Karlsson sagt: Das stört keinen großen Geist! Im Gegensatz zu den Trachten anderer Länder werden die Bunader immer weiter entwickelt. Stichwort lebendiges Brauchtum 🙂

Und was ist mit Stricken?

Jaaaa, kommt jetzt!
Natürlich sollen auch die kleinsten am Nationalfeiertag einen patriotischen Auftritt hinlegen können. Irgendwo sind aber auch die Grenzen von Stoffreserven erreicht, weshalb etliche Mütter inzwischen zum gestrickten Kinderbunad greifen. Bei den teilweise noch frischen Mai-Temperaturen so kurz nach den Eisheiligen ist so ein Wolloutfit gar nicht verkehrt.

Der Garnhersteller Sandnes hat ein Anleitungsheft “Festtagskleidung” für Kinder herausgebracht, das sich stark am Bunad orientiert. Sind die nicht knuffig?

Natürlich zeigen die stolzen Strickmütter auch bei Instagram ihre Kreationen, am eindrucksvollsten sind meiner Meinung nach der #17maistrikk und #strikkebunad .

Gibt es eigentlich auch in Deutschland so eine Art Festtagsmontur für die Minis?

 

 

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Skandinavischer Stricksamstag #18

Der aufmerksame Leser merkt: Ist schon wieder Sonntag und da war kein Stricksamstag zwischen… Stimmt. Aber besser spät als nie. Irgendwie schieb ich das jetzt mal auf das Schaltjahr *husthust*. In Wirklichkeit haben mich das Feiertagswochenende bei bestem Wetter, also automatische Beetzeit sowie die nahende Umsatzsteuerfrist nächste Woche vom Computer ferngehalten. Sorry.

Wochenende
Kaufrausch: Irgendwie passte alles ins Auto, aber dann musste es auch alles in die Erde… wenig Zeit an den Nadeln war die Folge

Aber besser spät als nie: Den Store Strikkedyst

Unser Ausflug der Woche geht nach Dänemark, und es geht wieder um stricken im Fernsehen – das hatten wir ja schon mal in der norwegischen Variante.

In Dänemark hat der Fernsehsender TV Syd 2014 ein Konzept ausprobiert, das unserem “geschickt eingefädelt” sehr ähnlich ist: Eine Gruppe Teilnehmer zieht in eine Location und man konkurriert in wöchentlichen Challenges miteinander. Beim “Store Strikkedyst” wird aber nicht gegeneinander genäht, sondern gestrickt. Auf Zeit!

Wer sich etwas mit mehrfarbigem stricken beschäftig hat, der ist wahrscheinlich irgendwann mal auf Christel Seyfarth, ihre Garnpakete und ihr Strickfestival auf Fanø gestoßen. Gemeinsam mit dem Jungdesigner Vithard Villumsen hat sie in der ersten Staffel quasi den Guido Maria Kretschmar gegeben, in der zweiten Staffel war schon ein Teilnehmer der ersten Staffel zum Mit-Juror befördert worden. Wenn ich doch nur dänisch könnte, ich würde mich glatt auf den Castingaufruf für die dritte Staffel melden 🙂

Auch wenn ich nicht alles verstehe (wir haben in Schweden in der Schule gelernt, dass Dänisch ganz leicht geht: Heisses Kartoffelpürree in den Mund und Schwedisch sprechen, schon hat man Dänisch :-D), finde ich die Sendung total interessant, und schaue mir langsam aber sicher die einzelnen Folgen auf Youtube an. Scheinbar wahllos gibt es auch einige Folgen mit englischen Untertiteln, zum Beispiel Folge 9.

Was meint ihr, sollte es in Deutschland nicht auch einen Strickwettkampf im Fernsehen geben?

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Skandinavischer Stricksamstag #17

Hemslöjd

Dieses Wort sieht geschrieben immer aus als hätte jemand mit viel Fantasie versucht ein “schwedisches Wort” zu erfinden. Vielleicht geht das auch nur mir so, weil ich jemanden kenne der auch im Kontakt mit Schweden wahllos erfundene Wörter brabbelt um nicht als Deutscher aufzufallen 😉

Hemslöjd jedenfalls ist heute unser Skandisamstagsthema, denn dieses Wort gibt es tatsächlich. Laut Google übersetzt man Hemslöjd mit Kunsthandwerk, aber gefühlt ist der deutsche Begriff enger gefasst als der schwedische, der ist eher so wie crafting auf englisch.

Als ich in Schweden zur Schule gegangen bin, war Slöjd eins der Wahlangebote, in den unteren Klassen ist es sogar ein Pflichtfach. Mit 16 war ich jedenfalls vollkommen geschockt dass mich jemand quasi für’s Origami falten benoten wollte und habe dankend abgelehnt… mir lag damals die Vektorrechnung einfach näher. Im Nachhinein find ich es ein wenig schade. Vielleicht hätte ich früher mein Talent an den Nadeln entdeckt.

Nach dem Schulunterricht ist im schwedischen Leben nicht notwendigerweise Schluss mit Slöjd. Man kann Mitglied in einer Slöjdförening werden (so etwas wie ein Verein), und sogar in der Erwachsenenbildung an VHS und Abendschule kann man sich in Slöjdfächern weiterbilden – teilweise sogar in Vollzeit! Dabei wird zwischen festen und weichen Werkstoffen unterschieden – also Holz, Metall, Textil und so weiter. Könnt ihr euch das vorstellen? Man kann quasi stricken studieren!

Die Hemslöjd Cover  Quelle im Bild
Einige Hemslöjd Cover
Quelle im Bild

Wem das ein wenig zu viel des Guten ist, der kann sich aber das Magazin Hemslöjd abonnieren. Darin werden alle zwei Monate alle möglichen Themen zu verschiedenen Kunsthandwerken behandelt – und zwar so spannend geschrieben, dass ich sogar Artikel über Holzschichten fürs Lagerfeuer mit Interesse lese. (Ob so etwas in Deutschland auch als Kunsthandwerk gilt?)

Es geht aber auch viel um textile Handwerke, stricken, häkeln, spinnen etc. Thematisch greift die Zeitschrift hier weiter als man von den meisten DIY Magazinen gewohnt ist. In einem Artikel ging es zum Beispiel darum, dass schwedische Schäfer ihre Wolle heutzutage größtenteils kostenpflichtig entsorgen, da es kaum einen Markt dafür gibt. Es werden mehrere Fälle vorgestellt, in denen kleinere Initiativen angefangen haben die Wolle zu verarbeiten und Märkte zu schaffen. Auch einen Bezug zum aktuellen Flüchtlingsthema gab es schon: In einem Bericht wurden Frauen vorgestellt, die angefangen haben mit Bewohnern von Asylunterkünften zu stricken. Siehe da: Viele der Flüchtlingsfrauen haben schon zuhause in Syrien und anderen eher warmen Ländern gestrickt – das erwartet man gar nicht, oder? Cool (für Locals) ist auch die Übersicht zu Ausstellungen und Märkten zum Thema Slöjd.

Weil man aber nicht alle Handwerke selber beherrschen kann, gibt es kreuz und quer übers Land verteilt Geschäfte, in denen man von anderen Menschen handgefertigten Produkte kaufen kann. Dieser Laden hat sogar einen Webshop, der auch nach Deutschland verschickt. Man bekommt dort auch Materialien für textile Arbeiten, zum Beispiel die ideale Wolle für Lovikka Handschuhe oder auch die z-gesponnene Wolle für tvåändsstickning.

 

Falls ihr auch Hemslöjd lesen/blättern möchtet: Es gibt eine App für iOS, darin kann man vergangene Ausgaben nachträglich kaufen, oder auch ein Abonnement abschließen. Das ist allerdings wohl wirklich eher was für diejenigen mit Schwedischkenntnissen (Kathi?!)

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Skandinavischer Stricksamstag #16

Suomi

Heute führt uns die Reise mal in den Teil von Skandinavien, von dem ich persönlich am allerwenigsten weiß: Finnland.

Finnisch ist wirklich ein absoluter Sonderfall in den nordischen Sprachen, denn es hat keinerlei Verwandtschaft mit dänisch, schwedisch, norwegisch oder isländisch, die wiederum alle eng miteinander verwandt sind. Während ich Blogs und Anleitungen in den germanisch-stämmigen Sprachen des Nordens alle irgendwie entziffern kann, bei finnischen Seiten kann ich nur Bilder gucken…

Bis auf die Seite von Lene Alve, denn “Dances with Wool – Letters from the Arctic Circle” ist komplett auf englisch geschrieben. Trotzdem scrolle ich meist erst über ihren Text hinweg und schaue mir die Bilder an, denn Lene macht tolle Bilder!

Als ich mit dem Socken stricken angefangen habe, ist mir aufgefallen dass es gar nicht so einfach ist wirklich schöne Bilder von Füßen zu machen. Mit Socken werden die meisten Füße zwar ansehnlicher, aber Fuß und Wollsocke so auf ein Foto zu bannen, dass Muster und Farben richtig schön zur Geltung kommen und es nicht nach Klump-Fuß aussieht? Vielleicht die Königsdisziplin der Strickfotografie.

Lene hat diese Disziplin in Angriff genommen! Ihre Socken-Fuß-Fotos machen wirklich Lust auf neue Wollsocken…wobei euch die nicht-wolligen Bilder absolut sehenswert sind. Denn Lene wohnt nördlich des Polarkreises, und die Jahreszeiten sehen bei ihr doch einfach nochmal dramatischer aus als bei uns. Mein bisher nördlichster Wohnort war Bergen in Westnorwegen, das ist schon recht nördlich, ist aber dank nahem Golfstrom wettermäßig offenbar noch ganz anders als Nordfinnland.

Zusätzlich zu den Bildern ist Dances with Wool hervorragend geschrieben. Das Englisch ist leicht verständlich – solange man die üblichen Strickvokabeln kann – und die Texte lesen sich als würde man Lene bei Kaffee und Kuchen gegenüber sitzen und zuhören wie sie aus ihrem Alltag berichtet. Man merkt richtig wie das Wetter und die Jahreszeiten den Tagesablauf beeinflussen, und aus der Ferne klingt hoher Schnee und Kaminfeuer ja auch irgendwie kuschelig.

Und obwohl dieser Post von mir komplett aus dem Zusammenhang gerissen wird, und nun auch schon über ein Vierteljahr alt ist möchte ich ihn euch besonders empfehlen. Keine aufregenden Bilder, keine Polarlichter oder sonst was spezielles, aber ich finde Lenes Antworten auf Kinderfragen vom anderen Ende der Welt wirklich sympathisch.

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Skandinavischer Stricksamstag #15

Diese Woche ist der Stricksamstag spät dran, und hat außerdem gar keinen Bezug zum Stricken. Dafür aber zu Skandinavien. Schweden um genau zu sein.

Und zwar geht es diesmal um skandinavische Literatur für eine sehr kleine Zielgruppe. Aber nicht zahlenmäßig klein, sondern körperlich gesehen…es geht um Kinderbücher. Denn seit dieser Woche läuft im Felleshus der nordischen Botschaften eine Ausstellung über schwedische Literatur für die Kleinsten.

Bücher für tiny humans

Lindgren

Eine Kindheit ohne Astrid Lindgren kann ich persönlich mir kaum vorstellen. Michel (der auf schwedisch Emil heisst), Karlsson vom Dach, Ronja Räubertochter und natürlich Pippi Langstrumpf kennt ja wirklich fast jeder. Meine Brüder und ich sind überhaupt mit sehr vielen Büchern groß geworden, aber die Lindgren Bücher waren die absoluten Lieblinge. Selbst heute habe ich mein Märchenbuch immer griffbereit – darin lese ich immernoch gerne.

Abseits von der bekanntesten Autorin hat die schwedische Kinderliteratur aber noch vieles mehr zu bieten: Selma Lagerlöfs Geschichte von Nils Holgersson und den Wildgänsen fand ich als Kind total spannend – meine Gastfamilie hat mir unbewusst eine große Freude gemacht, als wir mal das Haus von Selma Lagerlöf in Värmland besucht haben. Übrigens wünsche ich mir seitdem eine so tolle Aga wie sie dort steht!

Neuer – aber nicht minder zeitlos – sind die Geschichten von Pettersson und Findus, dem alten Mann und seinem Kater. Die Bücher sind so liebevoll illustriert, man muss sie einfach gern haben. Die Petterson Bücher von Sven Nordqvist sind unter anderem Teil der Ausstellung in Berlin.

Rum för Barn

Und das Tollste ist: Die Bücher werden nicht einfach in Schaukästen ausgestellt. Im Felleshus wurde ein kindgerechter Raum geschaffen, in dem gemalt, ausgeruht und natürlich gelesen werden kann. Es soll eine Art Erlebnisausstellung rund ums Buch sein an der sowohl Eltern als auch Kinder Freude haben sollen. Das ganze nennt sich “Rum för barn” (Raum für Kinder) und ist ein Konzept in dem Kinder, selbst wenn sie noch nicht selber lesen können, selbstständig einen Zugang zu Literatur finden sollen.

Ehrlich gesagt gehe ich im Kopf die Kinder meiner Berliner Freunde durch, und überlege wer wohl ähnlich viel Spaß an dieser Ausstellung haben könnte wie ich… eine kinderlose Freundin kommt schon mal mit!

Vielleicht habt ihr ja ein Kind, das gerne Geschichten hört? Und ihr sucht nach einem Programm für einen regnerischen Tag? Und ihr seid in der Nähe der Nordischen Botschaften? Grundsätzlich richtet sich die Ausstellung an Kinder zwischen 3 und 10 Jahren, aber auch für größere Kinder soll es nicht langweilig sein. Könnte auch sein, dass ihr da zwei Ü30 Blondinen trefft die einfach selbst mal wieder Kind sind 😉

Mehr Infos zur Ausstellung: schwedische-kinderbuchwelten.de